Kennst du das? Du hast dein Pferd fertig geputzt und schon gesattelt und nun fehlt nur noch die Trense damit es losgehen kann mit dem Reiten. Du merkst, wie du dich schon etwas verspannst, während du die Trense holst und das Halfter löst. Aber du willst ja positiv denken, also hoffst du einfach bis zur letzten Sekunde, dass dein Pferd es heute NICHT macht: Den Kopf wegziehen, sobald du es auftrensen möchtest.
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Und? Hat es heute geklappt? Oder musstest du dich wieder auf Zehenspitzen deinem Pferd entgegenrecken, um überhaupt eine Chance zu haben, mit der Trense in der Hand seinen Kopf zu berühren? Tja. Wenn du dich hier wiederfindest, dann lies unbedingt weiter.
Ich erkläre dir in diesem Artikel, wie entspanntes Auftrensen überhaupt aussieht, warum es wichtig ist und in welchen 3 Schritten du es mit deinem Pferd erreichen kannst.
Inhaltsverzeichnis
ToggleCheckliste für entspanntes Auftrensen
Für mich sieht entspanntes Aufzäumen so aus:
- Du gehst mit der Trense in der Hand zu deinem Pferd und ziehst ihm das Halfter aus.
- Es bleibt ruhig neben dir stehen und senkt auf deine Berührung hin willig den Kopf.
- Locker hältst du das Kopfstück in einer Hand und führst das Gebiss mit der anderen zum Maul.
- Dein Pferd öffnet sanft sein Maul, sodass du das Gebiss vorsichtig hineinlegen kannst.
- Zufrieden kaut dein Pferd, während du bequem ganz in Ruhe alle Riemen und Schnallen schließen kannst.
Dass dein Pferd sich so oder so ähnlich, aber auf jeden Fall bereitwillig in Ruhe auftrensen lässt, ist extrem wichtig. Zum einen kannst du so beim Auftrensen wirklich sanft sein, denn du hast Zeit und kommst an alle Stellen des empfindlichen Pferdekopfes und –mauls bequem heran. Zum anderen kann dein Pferd dir signalisieren, dass es bereit ist, die Trense zu nehmen wenn es dir den Kopf zuwendet.
Was passiert leider oft stattdessen?
Oft haben Pferde aus den unterschiedlichsten Gründen gelernt, dass Auftrensen blöd ist und dass sie sich dem entziehen können, indem sie den Kopf wegdrehen, hochreißen, rückwärtsgehen oder das Maul nicht öffnen. Weil wir Menschen oft nur in schnellen Lösungen denken (wir wollen ja schließlich aufsteigen und losreiten), versuchen wir, den Kopf des Pferdes herunterzuziehen, ihn irgendwie zu fixieren und das Gebiss mehr schnell als sanft ins Maul zu schieben.
Dass das Problem davon nicht kleiner wird ist klar, oder?
Worauf kommt es also an? Letztendlich auf das richtige Üben. Aber vorher musst du herausfinden, warum dein Pferd ursprünglich mit diesem Verhalten begonnen hat. Hier sind die häufigsten Gründe:
Häufige Gründe fürs Kopf-Hochreißen beim Auftrensen
- Dein Pferd ist noch jung und ist noch nicht ans Gebiss gewöhnt
- Dein Pferd hat Zahnprobleme: Wolfszähne, Milchzahnkappen, Haken etc.
- Dein Pferd zeigt eine Überempfindlichkeit an den Ohren oder dem Genick
- Das Gebissstück ist schlecht verarbeitet, scharfkantig oder anderweitig ungeeignet
- Das Kopfstück passt deinem Pferd nicht richtig
- Dein Pferd wurde oft unsanft aufgetrenst (z.B. Gebiss gegen die Zähne oder die Ohren zurückgeklemmt)
- Dein Pferd hat gelernt, dass es ihm einen Vorteil bringt, sich nach oben zu entziehen
- Allgemeines Unwohlsein deines Pferdes mit dem Gebiss z.B. durch harte Einwirkung beim Reiten
Na? Kannst du dein Pferd schon zuordnen oder tappst du noch im Dunkeln?
Es ist wirklich wichtig, die Ursache(n!) zu finden und diese zu beheben, bevor du mit dem Üben des entspannten Auftrensen beginnst. Denn das Verhalten deines Pferdes hat ja schließlich einen berechtigten Grund und ist ein Zeichen dafür, dass du etwas ändern, beheben und verbessern musst.
Mir ist es sehr wichtig, dass wir das Verhalten nicht nur wegtrainieren, sondern die Ursache herausfinden und beheben und erst dann zu einem harmonischen Miteinander durch gutes Training kommen. Darauf hat jedes Pferd ein Recht!
Schritt 1: Pferd durchchecken
Überprüfe also zunächst dein Pferd. Lässt es sich überall am Kopf bereitwillig anfassen? Auch an den Ohren, am Genick und am Maul? Kannst du seine Ohren bewegen und öffnet dein Pferd sein Maul, wenn du einen Finger in die Maulspalte auf die Lade legst? Ist es noch im Zahnwechsel und hat es evtl. Wolfszähne? Wie weit ist es ausgebildet? Wie lange wird es schon am Gebiss gearbeitet oder ist es ihm noch ganz neu?
Wenn du irgendwelche körperlichen Ursachen vermutest, zieh auf jeden Fall einen Experten zu Rate. Tierärzte, Pferdedentalpraktiker und Therapeuten können dein Pferd durchchecken, behandeln und mögliche körperliche Ursachen beheben.
Schritt 2: Ausrüstung durchchecken
Kontrolliere das Kopfstück. Ist es intakt und gut verarbeitet? Ist es korrekt zusammengebaut? Passt es deinem Pferd oder ist es zu klein, zu groß oder schlecht sitzend? Ist es korrekt verschnallt? Wie sieht es mit dem Gebiss aus? Ist es heil, hochwertig verarbeitet und frei von scharfen Kanten? Oder kann sich der Maulwinkel deines Pferdes zwischen Mundstück und Gebissring einklemmen? Passt die Größe? Drückt es auf die Zunge? Passt die Art des Gebisses zum Ausbildungsstand deines Pferdes und zu deinen reiterlichen Fähigkeiten? Lässt sich dein Pferd überhaupt fein auf diesem Gebiss reiten?
Erst wenn du sicher bist, dass nicht nur dein Pferd, sondern auch dein Zaumzeug in Ordnung ist, kannst du dich dem Üben des Auftrensens widmen.
Negative Erwartungshaltung auflösen
Es kann gut sein, dass du bei deinem Pferd und dem Trensenzaum nun einige Missstände beheben konntest, es beim Aufzäumen aber immer noch den Kopf hochnimmt oder sich anderweitig entzieht. Das Gleiche kann der Fall sein, wenn du überhaupt keine körperlichen Ursachen am Pferd oder Mängel am Zaum finden konntest.
In beiden Fällen zeigt dein Pferd das Verhalten weiterhin, weil es die unangenehmen Erfahrungen beim Auftrensen immer noch antizipiert. Ihm fehlt noch die Erfahrung, dass die Schmerzen, die Überempfindlichkeit, das Drücken, Scheuern und Klemmen oder das unsanfte ins Maul drücken des Gebisses jetzt weg sind und dass das Auftrensen nun in einer neuen und viel entspannteren Art und Weise stattfindet.
Diese Erfahrung darfst du ihm jetzt mit Schritt 3 schenken. J
Schritt 3: Das Auftrensen richtig üben
- Kopf senken üben
Lege deinem Pferd die rechte Hand ins Genick und die linke Hand auf den Nasenrücken. Mit ganz leichtem Druck bittest du dein Pferd, seinen Kopf in deine Richtung zu senken. Immer wenn es nachgibt, belohnst du es, indem du den Druck wegnimmst und es ausgiebig lobst und kraulst.
Tipp: Wenn die Übung ganz frei nicht funktioniert, weil dein Pferd sich zu stark entzieht, übe mit einem Halfter. Dann kannst etwas besser einwirken.
- Finger ins Maul legen
Lege deinem Pferd eine Hand vors Maul und warte bis es die Berührung entspannt toleriert, am besten mit gesenktem Kopf. Dann legst du deinen Daumen in die Maulspalte und auf die Lade, damit dein Pferd sein Maul öffnet. Es soll einfach nur ruhig kauen und keine Abwehrreaktion zeigen. Wiederhole das so oft, bis dein Pferd dabei entspannt bleibt.
- Ohren anfassen und bewegen
Da beim Auftrensen automatisch die Ohren berührt und bewegt werden, ist es hilfreich, wenn dein Pferd das gut toleriert. Berühre also beide Ohren einzeln: umfasse sie, bewege sie nach hinten und vorne usw. bis dein Pferd entspannt und mit gesenktem Kopf dabei stehen bleibt.
Tipp: Entzieht dein Pferd sich, arbeite wieder mit Halfter. Wenn dein Pferd den Kopf wegdreht oder wegzuckt, bleib mit der Hand sanft am Ohr, bis es sich entspannt. Erst dann nimmst du zur Belohnung die Hand weg und lobst ausgiebig. So funktioniert die Desensibilisierung am besten.
- Trense präsentieren
Halte jetzt den Trensenzaum in der rechten Hand am Genickstück und halte ihn deinem Pferd vor den Kopf. Deine rechte Hand kommt von oben zwischen die Ohren deines Pferdes und kann so im Genick die Kopfhöhe regulieren. Deine linke Hand hilft am Nasenrücken beim Kopfsenken. Entzieht sich dein Pferd wieder, bleibst du mit der Trense in der Hand dran und wartest bis es den Kopf wieder senkt und sich entspannt, bevor du die Trense wegnimmst und eine kurze Pause machst. Du belohnst also immer, wenn das Pferd sich zur Trense hin orientiert und entspannt. So zeigst du ihm, dass die Trense nicht unangenehm ist.
- Gebiss ins Maul legen
Wenn du deinem Pferd die Trense problemlos mit der rechten Hand vor den Kopf hängen kannst, legst du deine linke Hand unter das Gebissstück und führst es Richtung Maul. Wie in der zweiten Übung öffnest du jetzt mit dem Daumen das Pferdemaul und hebst das Gebiss vorsichtig auf die Zunge. Ich versuche, die Zähne überhaupt nicht zu berühren. Wenn es nicht klonkt, hat es gut geklappt. Lass dein Pferd ein bisschen mit dem Gebiss spielen und es dann wieder ausspucken. Sollte dein Pferd vor dem Gebiss doch noch zurückschrecken, bleib wieder sanft dran, bis es sich mit dem Gebiss vor dem Maul entspannt und belohne das Kopfsenken, indem du den Zaum ganz wegnimmst.
- Auftrensen
Erst wenn alle vorangegangenen Schritte entspannt klappen, trenst du dein Pferd richtig auf, indem du das Genickstück über die Ohren ziehst. Ich ziehe den Genickriemen immer erst über das eine, dann über das andere Ohr nach hinten. Vielleicht mag dein Pferd es aber lieber, wenn du die Ohren nach vorne drückst und das Genickstück dann hinter den Ohren richtig platzierst. Probiere es einfach aus. Anschließend kannst du alle Riemen in Ruhe schließen.
Tipp: Wenn dein Pferd besonders empfindlich ist oder viel Schopf und Mähne hat, stelle das Kopfstück zum Auftrensen doch einfach ein paar Löcher größer, dann ist es leichter.
- Abtrensen
Das Abtrensen machst du in umgekehrter Reihenfolge: Kopf senken, Riemen öffnen, Genickstück vorsichtig über die Ohren nach vorne ziehen, warten, Pferd langsam selbst das Gebiss „ausspucken“ lassen, damit es nicht gegen die Zähne schlägt, loben und kraulen.
Tipp: Genauso wie das Auftrensen kannst du auch das Aufhalftern üben. Mach es dir z. B. einfach zur Regel, dass dein Pferd ins Halfter „eintaucht“.
Fazit
Also noch mal kurz zusammengefasst:
- Wenn dein Pferd sich beim Auftrensen entzieht und dir zeigt, dass es das Auftrensen als unangenehm erfährt, finde als erstes den Grund heraus.
- Wenn der körperliche Zustand des Pferdes sowie dein Trensenzaum in Ordnung sind, kannst du mit dem Üben des entspannten Auftrensens anfangen. Zeit, Ruhe, Timing und Wiederholung sind wichtig beim Üben.
- Mache das erwünschte Verhalten für dein Pferd angenehm, das unerwünschte Verhalten unbequem.
- Bleibe immer achtsam beim Auftrensen und lass dir Zeit. Die Zeit, die du vor dem Reiten in solche Dinge investierst, wird sich mehrfach auszahlen.
- Registriere, wenn dein Pferd einmal nicht in die Trense „einsteigen“ möchte. Das hat bei der vorangegangenen Ausbildung immer einen Grund, den du unbedingt herausfinden solltest!
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